Am 07.April hat der Wuppertaler Stadtrat bekanntlich das BürgerInnenbegehren von döpps105 mit den Stimmen aller Parteien, mit Ausnahme der Fraktionen der Wählergemeinschaft und der Partei DIE LINKE, zurückgewiesen. Wir veröffentlichen hier die Redebeiträge, die sich in der Sitzung für das BürgerInnenbegehren ausgesprochen haben.
Damit wollen wir allen WuppertalerInnen die Gelegenheit geben, sich mit den Argumenten der Initiative und der parlamentarischen Minderheit auseinanderzusetzen.
Die komplette Stadtratssitzung kann auf der Seite der Stadt Wuppertal angesehen werden.
Hier finden Sie die Redebeiträge von Heinz Schmersal für die Initiative döpps105, Dr. Klaus Wiese (WfW), sowie von Gerd-Peter Zielezinski und Bernhard Sander für die Fraktion DIE LINKE. Die Redemanuskripte von Zielezinski und Sander veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung der Ratsfraktion DIE LINKE.
Für die initiative döpps105 sprach anlässlich der Entscheidung über das BürgerInnenbegehren zum Döppersberg der Unternehmer Heinz Schmersal am 07.April im Wuppertaler Stadtrat.
Für die Wählergemeinschaft „Wir für Wuppertal“ sprach Dr. Klaus Wiese.
Gerd-Peter Zielezinski (DIE LINKE)
Bernhard Sander (DIE LINKE) zum Vertrag zwischen Stadt und Investor Signature Capital.
Redemanuskript des Fraktionsvorsitzenden Gerd-Peter Zielezinski, DIE LINKE:
Sehr geehrter Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
seit 2001, so lange bin ich im Rat, habe ich noch kein Bürgerbegehren erlebt, dass von einer Ratsmehrheit für rechtlich zulässig erklärt wurde. Neu für mich ist allerdings, mit welchen massiven politischen und juristischen Mitteln dieses Begehren von Verwaltung und Politik von Anfang an bekämpft wurde. So etwas hat es in der Vergangenheit nicht gegeben. Im Gegenteil! Häufig wurden die Initiatoren eines Bürgerbegehrens wegen ihres bürgerschaftlichen Engagements vom OB noch gelobt, ungeachtet der gegensätzlichen Sichtweise.
Umso bemerkenswerter ist es, dass trotz dieser widrigen Umstände und zum Teil feindseliger Atmosphäre, die erforderliche Unterschriftenzahl nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen wurde. Anfangs wurde Döpps 105 noch belächelt und Herr Stv. Müller (CDU) fragte, ob 12 oder 15 Menschen am 18. Nov. auf dem Rathausvorplatz gegen die Kostensteigerung beim Döppersberg–Projekt protestiert hätten.
Jetzt müssen die Stadtspitze und CDU/SPD/ Grüne/FDP zur Kenntnis nehmen, dass nicht nur eine Handvoll WuppertalerInnen, sondern ca. 13000 der Meinung sind, dass die Kosten des Projekts auf 105,62 Mio. € begrenzt werden sollten. Dies, obwohl die Verwaltung und ihre Hilfstruppen unermüdlich erklärten, dass eine Deckelung nicht möglich bzw. teurer als ein ungedeckelter Weiterbau sei. Diese ihre Meinung wurde lang und breit in den Medien wiedergegeben. Darüber hinaus kauften sie noch eine Propagandakampagne für 300000 Euro jährlich ein, um gute Stimmung für den Döppersberg-Umbau ohne Kostenbegrenzung zu machen. Ich frage mich allerdings, findet Prof. Busmann den Umbau tatsächlich so sexy, wie er sagt, oder törnt ihn das viele Geld an, dass er für die Kampagne bekommt. Geld macht sinnlich, wie uns die Erfahrung lehrt, das wusste bekanntlich schon der alte Brecht.
Wahrscheinlich sind allerdings die 300000 € nur Peanuts im Verhältnis dazu, was andere am Großprojekt verdienen werden.
Viele Menschen in unserer Stadt misstrauen allerdings diesen Propagandisten. Sie sind der Auffassung, dass Geld auch in unserer Stadt nur einmal ausgegeben werden kann. Sie wissen, dass die 35 Mio. €, die nun mindestens zusätzlich in das Projekt gesteckt werden sollen, in Zukunft in unserer Stadt an allen Ecken und Enden fehlen werden. Im Jahre 2010 wussten dies auch noch die Verwaltung und die Ratsmehrheit und beschlossen deshalb, das Projekt zu deckeln.
Ich zitiere aus dem Beschluss von 2010: „Weil über die veranschlagten Eigenmittel hinaus definitiv keine städtischen Haushaltsmittel bereit gestellt werden, sind Kostensteigerungen oder Mindereinnahmen durch Umschichtungen im Projekt ohne Belastung des städtischen Haushaltes auszugleichen.“ Pikanterweise wird diese Passage des Antragstextes gern verschwiegen. Sie fehlte versehentlich in den Sitzungsunterlagen der Döppersbergkommission am 12.9.13. Diese Sitzung befasste sich mit der Kostenexplosion des Döppersberg-Umbaus. Auch in seiner Kolumne „Auf ein Wort“ verschwieg der Oberbürgermeister, dass diese Passage Bestandteil des Beschlusstextes von 2010 war. Auch im Gutachten von Prof. Bätge spielt diese Passage keine Rolle. Kannte er sie überhaupt?
In der heutigen Vorlage, in der die rechtliche Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens behauptet wird, wird diese Passage nur kurz referiert. Im Folgenden wird eine lange Passage aus der Begründung desselben Antrags mit der Aussage zitiert, dass mit einer Steigerung des Baupreisindexes zu rechnen sei und dass es deshalb Unsicherheiten in Bezug auf die Kostenentwicklung gäbe. In diesem Zusammenhang wird der Eindruck erweckt, dass das Gebot zur Kostendeckelung im Antragstext durch die Passage in der Begründung aufgehoben sei.
Das Gegenteil ist der Fall! Der Rat hat 2010 das unbedingte Gebot zur Kostendeckelung beschlossen – im Bewusstsein, dass eine Kostensteigerung wahrscheinlich ist – und somit der Verwaltung den Auftrag erteilt, dass Projekt unbedingt im vorgeschriebenen Kostenrahmen zu entwickeln und alles zu unterlassen, was eine Sprengung dieses Kostenrahmens zur Folge hat.
Dies sieht das Rechtsamt der Stadt natürlich anders. Es führt aus: Ich zitiere: „Der Teil des Beschlusses vom 17.05.2010, nach dem „Kostensteigerungen oder Mindereinnahmen durch Umschichtungen im Projekt ohne Belastung des städtischen Haushalts auszugleichen sind“, gibt deshalb nur einen haushaltsrechtlichen Grundsatz wieder, wonach die Verwaltung bei der Durchführung von Ratsbeschlüssen nicht über die bereit gestellten städtischen Haushaltsmittel von sich aus den Haushalt belasten darf “(vgl. § 79 Abs. 3 Satz 1 GO NRW).
Diese Interpretation ist sehr eigenwillig. Seit wann werden in einem Antragstext rechtliche Selbstverständlichkeiten formuliert. Ich fordere Herrn Radke auf, dem Rat einen entsprechenden Passus in einem anderen Antrag vorzulegen, der darauf verweist, dass es bei der Durchführung des Beschlusses unzulässig sei, die bereit gestellten Haushaltsmittel zu überschreiten.
Aufgrund meiner begrenzten Redezeit ist mir nur möglich, mich mit diesem zentralen Aspekt der juristischen Bewertung der Verwaltung zu befassen. Natürlich verfügt eine kleine Ratsfraktion wie DIE LINKE nicht über die juristischen und materiellen Ressourcen, sich auf Augenhöhe mit dem Rechtsamt auseinanderzusetzen. Nicht nur aus diesem Grund sind wir der Auffassung, dass der Rat das Bürgerbegehren und das Agieren der Verwaltung politisch zu bewerten hat.
Meine Damen und Herren, wenn es gilt Investorenwünsche zu erfüllen, sind Umplanungen im Projekt jeder Zeit möglich,- ohne dass das Gesamtprojekt gefährdet wird. Aber wenn aufgrund der Überschuldung der Stadt die Mehrkosten nicht zu stemmen und deshalb Umplanungen erforderlich sind, soll das nicht möglich sein. Schließlich muss die Stadt die gesamten Mehrkosten alleine tragen. Warum sollten die Fördermittelgeber die Stadt in den finanziellen Ruin treiben wollen?
Ein Mega-Projekt wie der Döppersberg-Umbau ist nur mit den Menschen umsetzbar- nicht gegen sie!
Es reicht nicht, die Menschen mit einer teuren Kommunikationsstrategie zu beglücken und das Projekt als alternativlos darzustellen – koste es, was es wolle. Die Menschen wollen nicht nur gehört werden. Sie wollen auch entscheiden. Die Verwaltung versucht den Eindruck zu erwecken, als sei das aus rechtlichen Gründen unmöglich. Dies ist nicht der Fall. Wenn eine Mehrheit im Rat ein Ratsbürgerbegehren beschließen würde, gäbe es durchaus die Möglichkeit, dies rechtskonform umzusetzen. Ratsmehrheit und Verwaltung verschanzen sich hinter Rechtsgrundsätzen, um zu verschleiern, dass es ihr erklärter politischer Wille ist, die Wuppertalerinnen und Wuppertaler über die Kostenentwicklung und das Projekt nicht bestimmen zu lassen.
Halten wir fest: Die Befürworter des Döppersberg-Umbaus ohne Kostenbegrenzung sind nicht sicher, dass ihre Haltung von einer Mehrheit geteilt wird. Deshalb dürfen die WuppertalerInnen über diese Frage nicht entscheiden! So einfach ist das!
Redemanuskript des stellvertr. Fraktionsvorsitzenden Bernhard Sander, DIE LINKE.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
diese Vorlage soll den Umbau Döppersberg im Sinne des Investors Capital Signature vorantreiben. Es macht daher schon einen Sinn, diese Vorlage zu behandeln, bevor man sich mit dem Bürgerbegehren befasst. Damit dokumentiert die GroKo samt grünem Anhang, dass die Interessen der Bürger hier nur die zweite Geige spielen.
Die Vorlage gibt den Weg frei für weitere Verhandlungen, obwohl man die Risiken, die man einzugehen bereit ist, gar nicht beziffern kann. Zitat: „Eine Quantifizierung der Risiken ist .. noch nicht abschließend möglich.“ – Ein Freibrief für weitere Kostensteigerungen. Warum werden sie nicht beziffert? Darauf der Herr Kämmerer Dr. Slawig: „Weil Sie es nicht erleben werden, dass ich Ihnen von der LINKEN hier zweifelhafte Wahlkampfmunition liefere.“
Mit dieser Vorlage wird des weiteren zugegeben, was man bisher immer abgestritten hat: Nachverhandlungen wegen der Fördergelder sind nötig und möglich. Insbesondere geht es um die „Förderfähigkeit des Baufeldes 1a“. Für die Wünsche des Investors verhandelt man in Düsseldorf nach, für die Wünsche der Bürger, die Baukosten zu deckeln, war das angeblich nicht möglich. In der zuständigen Kommission, in der DIE LINKE kein Stimmrecht hat, hieß es dazu am 26.3. von Dr. Slawig: „Wir arbeiten die Fragen und Auflagen ab, die uns im Herbst“ – also in der Zeit, in der man gegenüber der Öffentlichkeit frech behauptete, Nachverhandeln sei nicht möglich – „in Düsseldorf mitgegeben wurden, dazu gehört die Wahrung der Sichtachsen u.a., die wir auch mit dem Investor besprechen.“ Das heißt, der Investorenbau verstellt die Sicht auf den historischen Bahnhofskomplex. Damit sind Fördergelder gefährdet und das Risiko für weitere Kostensteigerungen ist real.
Die Grünen wollen nun den Herrn Professor einladen, der für 300.000 Euro ein erotisches Verhältnis zur Baustelle entwickelt hat, um die Sichtachsen zu erläutern.
Letztes Risiko: Der Verkaufserlös. Er richtet sich mitnichten nach dem Verkehrswert der Fläche, sondern die Stadt übernimmt alle Risiken aus Altlasten usw., die noch auftreten können, zieht diese vom Kaufpreis ab und will dann aber einen Mindestpreis mit dem Investor aushandeln. Wie soll der denn bitte schön aussehen?! Wenn alles in seinem Sinne umgebaut wird, wie es hier steht, hat das Grundstück doch für niemanden sonst noch einen Wert und die Finanzinvestoren von Signature Capital können in dieser Zwangslage der Stadt den Preis diktieren.
Die abzustimmende Vorlage kann die Risiken nicht quantifizieren, hält sie aber für „vertretbar“. Diese Vorlage ist die Einladung zur Verschleuderung städtischer Haushaltsgelder.