Offener Brief von R.Clasen
u.a. bei NJUUZ Wuppertal am 10.10.2013
Vor 60 Jahren wurde der Döppersberg von klugen und weitsichtigen Köpfen geplant und baulich vernünftig umgesetzt – die BürgerInnen haben eine witterungsgeschützte Verbindung zwischen Innenstadt und Bahnhof, der Verkehr fließt reibungslos. Dieses Konzept hat sich seitdem bewährt, und die Folgekosten waren gering, da die Stadt und die Bahn (mangels finanzieller Mittel?) nichts in die Instandhaltung des Tunnel und des ganzen Döppersbergs investierten.
Dass aufgrund der Entwicklung im ÖPNV heute ein größerer Busbahnhof, möglichst in Bahnhofsnähe, errichtet werden muss ist offensichtlich.
Wie jedoch die Verantwortlichen der Stadt die Umgestaltung des Döppersbergs zu Beginn der 2000er geplant haben, stieß schon nicht auf ungeteilte Zustimmung, wurde aber mit der Zusage eines maximalen Investitionsvolumens in Höhe von EUR 105 Mio und einer Bauzeit bis 2017 unter Beibehaltung des Verkehrsflusses auf der B7 hingenommen, zumal ein großer Teil des Geldes im Rahmen des ‚Regionale 2006‘ – Projektes vom Land NRW gezahlt würde; Voraussetzung war der Nachweis von Eigenmitteln der Stadt in Höhe von EUR 36 Mio, wofür damals schon Tafelsilber der Stadt verkauft werden musste.
Die jetzige Kostensteigerung in Höhe von EUR 35 Mio (quasi Verdopplung des Eigenanteils der Stadt) zeigt die planerische Unfähigkeit aller am Projekt Beteiligten, die jahrelang beteuerten, dass die Summe von EUR 105 Mio auf gar keinen Fall überschritten würde.
Ein weiteres Indiz für den Dilettantismus der Verantwortlichen ist die vor Monaten entstandene Idee die B7 zu sperren, um im vorerst neuen Kosten- und Zeitrahmen bleiben zu können: erst eine Sperrung für 2 Jahre – kurze Zeit später schon 3 Jahre !
Das Ansinnen, die Kosten und Bauzeit durch Sperrung der B7 zu zügeln, zeugt von einer Realitätsferne und Abgehobenheit der Schreibtischtäter:
10-tausende Berufstätige sollen 3 Jahre lang täglich mehr Zeit- und Nervenbelastung in der heutigen sowieso schon überdrehten Zeit zugemutet werden, damit ein Prestigeprojekt verwirklicht wird, dessen Nutzen in keinem Verhältnis zum Aufwand steht; ganz abgesehen vom volkswirtschaftlichen- und Umwelt-Schaden, sowie unkalkulierbaren Umsatzeinbußen für die Elberfelder Einzelhändler.
Die von der Stadtverwaltung ‚Ressort Straßen und Verkehr‘ veröffentlichten, am grünen Tisch erstellten Folien mit Alternativrouten sind an Hilflosigkeit und Lächerlichkeit kaum zu überbieten – den meisten Wuppertalern sowieso bekannt und nur nachts, sowie an Sonn- und Feiertagen brauchbar. Ortsfremde, für die Wuppertal immer schon ein Labyrinth war, hätten bei Stilllegung der B7 auch mit Navi kaum mehr eine Chance die Elberfelder Innenstadt in einem zumutbaren Zeitraum anzufahren.
Die Stadt möge bitte die B7 einmal probeweise für 1 Woche sperren, möglichst wenn die ersten Schneeflocken fallen – der Einzelhandel in Elberfeld könnte Betriebsferien machen und Rettungsdienste bräuchten zu Zeiten des Berufsverkehrs nicht mehr ausfahren, weil sie keine Chance hätten, ihre Ziele rechtzeitig zu erreichen: hier würden Leben und Gesundheit Wuppertaler BürgerInnen gefährdet !
Solch ein größenwahnsinniges Prestige-Projekt passt nicht zu einer schrumpfenden und überschuldeten Stadt, die an vielen anderen Stellen existenziellen Sanierungsbedarf hat (ganz zu schweigen von den sozialen und kulturellen Aufgaben der Stadt!). Es wird mit Geld geplant und gebaut, welches effektiv nicht vorhanden ist, weder beim Land und erst recht nicht bei der Stadt (ach – ich vergaß: der Steuerzahler zahlt‘s ja …)
Der Grundsatz der ‚Verhältnismäßigkeit der Mittel‘ wird hier aufs Gröbste missachtet !
Wenn die verantwortlichen Planer und Politiker in der realen Wirtschaft tätig wären, müssten sie sich spätestens bei Weiterverfolgung des Projektes Döppersberg in der bisher geplanten Version wegen Konkursverschleppung und Betruges verantworten.
Fest steht: der Umbau des Döppersbergs ist im ursprünglich geplanten Rahmen nicht zu verwirklichen und darf keinesfalls um jeden Preis durchgezogen werden !
Der Bau des neuen Busbahnhofs und der Tiefgarage, sowie eine Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes sind notwendig und sollten ein ausreichender städtebaulicher Akzent zur Erlangung der Fördermittel des Landes sein.
Die Beibehaltung des (modernisierten) Tunnels würde eine Absenkung der B7 und andere damit verbundene, sinnlos Geld verschlingende Straßenbaumaßnahmen überflüssig machen.
Bei der (Um-)Planung des Döppersbergs sollte die Universität Wuppertal, Fachbereich Architektur, beteiligt werden – das würde lokalen Sachverstand einbringen und mit Sicher-heit erheblich Kosten sparen.
Die heutige Stunde der Wahrheit bietet der Stadt die große Chance vernünftig und verantwortungsbewusst aus der Misere herauszukommen, indem sie den Döppersberg neu plant: mit Erhaltung des zu renovierenden Tunnels und ohne nennenswerten Umbau der B7. Das wäre ein ‚Leuchtturm-Projekt‘ mit Vorbild-Charakter für andere aus dem Ruder laufende Großprojekte in dieser Republik und ließe sich bestimmt auch in Abstimmung mit dem Land NRW verwirklichen.
Anderenfalls haben die Wähler nächstes/übernächstes Jahr noch die Möglichkeit bei der Kommunalwahl/Bürgermeisterwahl eine Partei zu wählen, die den Umbau des Döppersbergs in alter Planung ablehnt – es wäre dann allerdings zu spät für eine intelligente Kurskorrektur !
Wuppertal kommt ohne den bisherigen OB und Stadtrat mit Sicherheit gut aus –
aber nicht ohne B7 !
R.Clasen – Oktober 2013