döpps105 berichtet über die Diskussionsveranstaltung TalDisput vom 21.10.2014
„Anstieg des Textilmüllvolumens von 7 auf ca. 30 %“ – DAS ist in Großbritannien eine Folge der Billigtextiler Primark & Co. Wenn solche Informationen bekannt sind, bewegen sie Konsument/innen zum Umdenken? Die Veranstaltung bot Gelegenheit zur öffentlichen Diskussion. Danke an die Ideengeber und Veranstalter von TalDisput Nr. 2! Gut besucht – und ein Thema, das nicht nur Wuppertaler/innen interessiert: Einige Gäste kamen auch aus den Nachbarstädten, z.B. aus Solingen. Sogar eine Besucherin aus Berlin interessiert sich und brachte sich ein. Das Podium war breit besetzt und bot ein vielfältiges Meinungsspektrum. Vertreter/innen des Investors und Ankermieters waren eingeladen, nahmen aber nicht teil. Wo war der Baudezernent?
Runde-1: Expert/innen
In der ersten Runde kamen Experten zu Wort. Drei der vier Experten sprachen sich aus kirchlichen, sozialen und historischen Gründen klar gegen diese Ansiedlung dort aus – allein für das Wuppertal Institut sieht es Prof. Dr. U. Schneidewind anders: einerseits sei die Ansiedlung durch ökonomische Zwänge begründet, andererseits aber auch spannend im Kontext des Reallabor Wuppertal und verbunden mit dem Wunsch, dort in direkter Nachbarschaft auch die Käufer/innen von Primark erreichen und „erforschen“ zu können. Auch sein Ziel sei es, den Kundinnen die Hintergründe bewusst zu machen, um Verhaltensänderung und/oder Gegenreaktion zu bewirken.
Runde-2: Politik/er- und Verwaltung
Anschließend standen Lokalpolitiker von SPD, B90/Grüne, FDP und Verwaltung Rede und Antwort. Überraschend und ohne vorherige Zusage stellte sich auch der CDU-Fraktionsvorsitzende der Diskussion. Irgendwie ist man sich einig – aber dann auch wieder nicht so ganz: Zwar erfolgte kurz der Hinweis von B90/Grüne auf das in den 90er-Jahren im Zuge der lokalen Agenda21 entwickelte Leitbild der Stadt für nachhaltiges Leben – einhellige Meinung blieb aber, dass das seit 20 Jahren in der Planung befindliche Projekt „Döppersberg-Umbau“ – unter den gegebenen ökono-mischen Rahmenbedingungen – die beste Lösung sei und auch so umgesetzt werde.
Lt. Kämmerer Dr. J. Slawig bestimme letztlich der Kunde, ob sich Primark dort halte. Er wolle jedenfalls Kaufkraft, die aktuell zu Primark in Düsseldorf, Köln und Essen abfließe, nach Wuppertal zurückholen. Auch Mehrsteuern und Arbeitsplätze brauche die Stadt. Zwar sei der Investor für die Finanzierung des Projekts nicht zwingend erforderlich, eine als Alternative zum Investorenkubus verbleibende grüne Wiese aber wäre unerwünscht! Im Publikum gab es auch dazu andere Meinungen.
Runde 3: Zuschauer/innen fragen nach
Eine Zuhörerin – Architektin aus Berlin – fragte nach, ob/wie in die Döppersberg-Planung denn die den Döppersberg prägende Bundesbahndirektion eingebunden sei? Es erfolgte der Hinweis auf Verhandlungen, die bisher kein Ergebnis brachten.
Auch interessierte z. B., ob der irische Konzern Primark in Deutschland angemessen Steuern zahle. Die Antwort wurde unter Hinweis auf das Steuergeheimnis versagt.
Es war aber gar nicht die Höhe gefragt sondern, ob der Konzern hier, wo er gerne (niedrig entlohnte) Arbeit und Infrastruktur nutzt, sich auch – gemeinwohlorientiert – durch angemessene Steuerzahlung an deren Finanzierung beteiligt! Die Höhe der (Mehr)Steuereinnahmen obliegt der Konzernspitze. Sie kann steueroptimierend gestalten und sich der Verantwortung für das Gemeinwohl entziehen oder eben nicht.
– und auch döpps105 fragt nach
Also weiter wie bisher – obwohl die Planung schon vor bereits 20 Jahren begonnen wurde??? Die lokalpolitische (Un)Kultur wird auch bei diesem Projekt wieder sehr deutlich: Bürger-Beteiligung oder weiter bloße Bürger-Information? Stadt-Entwick-lung im Gesamtkontext oder weiter bloß investorengesteuerte Einzelprojekt-Stadt-Planung? Döpps-Umbau nebst Tor zur Stadt – mit oder ohne Bundesbahndirektion?
Traditioneller Mobilitätsschwerpunkt mit CO2-freiem Umweltbahnhof oder einfach nur neuer Zusatz-Konsumtempel? Regional getragene Kooperation – z.B. aus WSW und Bürgerenergiegenossenschaft für saubere EnergiE-Versorgung (was zugleich Kosten sparen würde) oder auswärtiger Investor für Billigtextilien, der ebenso einen der Groß-Leerstände (z.B. Sport-Arena) in der Wuppertaler Innenstadt nutzen könnte?
Wuppertal ist sichtlich stolz auf Friedrich Engels, akzeptiert aber, dass weitere prekär entlohnte Arbeitsplätze durch gierige Konzerne geschaffen werden, die dann aus Steuermitteln aufgestockt werden müssen, damit es Mitarbeitern zum Leben reicht?
B7-Sperrung zu früh? Folgen/Umsatzeinbußen für die Elberfelder Einzelhändler?
Es gibt Alternativen, viel Diskussionsbedarf – und es bleibt weiter sehr spannend…
Bereits geplant sind nachfolgende döpps105-TERMINE:
am Dienstag, 18.11.2014 – döpps105-Vollversammlung – ein Jahr nach dem Ratsbeschluss über die – bisher – 35 Mio. € Mehrkosten (zugleich Verdoppelung des von der Stadt Wuppertal – also ALLEN Bürger/innen – zu leistenden Eigenanteils)
am Samstag, 22.11.2014 – döpps105-Aktionstag zum Jahrestag
des Döppersberg-Mehrkosten-Ratsbeschluss vom 18.11.2013. Details dazu folgen…
Wie bisher freut sich döpps105 auf viele döpps105-Aktive und natürlich auch Gäste!